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SR 1 / 2 / 3 - Zwischenrufe - Mittwoch, 30. September 2020

Stilles Aushalten

Wenn wenige laut herumschreien, werden die vielen Stillen leicht übersehen.

 

In meiner Schulzeit vor vielen Jahrzehnten waren es vor allem die Lauten, Schrillen, die immer aufgefallen sind. Die, die ihre Antworten und Kommentare einfach ungefragt in die Klasse brüllten. Ich hab nie dazugehört, war eher der „stille Typ“. Einer, den manche Lehrer schon deshalb öfter mal übersehen haben.

Das ist zwar alles schon Ewigkeiten her, aber auch heute sind es noch immer die Lauten, die als erste auffallen. Die mit ihrem Auftreten und ihrem Geschrei die politischen Debatten und die Kommentare in den Zeitungen dominieren. Vor allem jetzt wieder, wo eine Minderheit lautstark gegen eine vermeintliche Corona-Diktatur auf die Straße zieht. Ich finde das schade, denn ich glaube, dass in Wirklichkeit die Zahl der Menschen, die gerade still unter der aktuellen Situation leiden, noch viel, viel größer ist. Mir fällt in meinem direkten Umfeld sofort die ältere Dame aus der Nachbarschaft ein, die ich schon lange nicht mehr gesehen habe. Aus Angst, sich anzustecken, traut sie sich kaum mehr unter Menschen. Oder die Kollegin, die ich nur noch selten im Büro antreffe, weil sie die meiste Zeit im Homeoffice sitzt. Den gemeinsamen Austausch mit ihr vermisse ich sehr. Aber ich denke auch an all die Bekannten, die mir hin und wieder gestehen, wie erschöpft und niedergeschlagen sie sind. Einfach, weil ihnen menschliche Kontakte nun bitter fehlen. Das enge Beisammensein. Die Umarmungen von lieben Bekannten und Freunden.

Wie es aussieht, wird das noch eine ganze Weile so sein. Umso wichtiger, sich nicht nur um die Schreihälse zu kümmern, sondern vor allem die Stillen und Zurückgezogenen nicht zu vergessen.

 

 

 

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