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SR 2 Lebenszeichen - Samstag, 27. März 2021

Kurz vor dem Abgrund

Gelesen von Wolfgang Drießen

Christen wissen, was in der Karwoche auf Jesus zukommt. Doch wusste er das auch?  Zumindest ahnte er, dass am Ende das Kreuz stehen könnte. 

 

Morgen beginnt in der Kirche die Heilige Woche, die sogenannte Karwoche. Sie zeigt die  Höhen und Tiefen menschlicher Leidensfähigkeit bis hin zum schmählichen Tod und einer grandiosen Auferstehung. Wir wissen, was da auf Jesus und uns zukommt.

Doch wusste Jesus das auch?  Er konnte zumindest davon ausgehen, dass er große Probleme bekommen würde. Das war unübersehbar.

Doch was hatte er denn getan?

Wer regiert, wer herrscht, mag keine Unruhe, es muss alles still bleiben, keinen Aufstand, keine andere Meinungsäußerungen – nichts, was ihren Zorn entfacht.

Das war schon immer so – bis heute. Jesus war überzeugt von seiner Mission.

 Er verkündete den guten und barmherzigen Gott. Er brachte den Menschen in diesem Landstrich den Frieden Gottes, wenn sie nur glaubten. Mehr mussten die Menschen nicht tun. Sie mussten glauben, Gott vertrauen, seinen Geboten folgen.

Die herrschende Oberschicht im damaligen Palästina wollte den Störenfried ein für allemal zum Schweigen bringen, sie wollte ihn weg haben.

Er wurde ihnen zu gefährlich. Und für Jesus wurde es höchst gefährlich. Denn sie suchten nach einer Möglichkeit ihn dingfest zu machen. Alles sollte möglichst schnell vonstatten gehen.

War Jesus vielleicht zu blauäugig? Rannte er nicht ins offene Messer? Zweifellos – Jesus glaubte an das Gute im Menschen, obwohl er die Menschen kannte und wissen musste, wie charakterschwach sie sein können. Wie schnell sie sich einlullen lassen von der Meinung anderer.

Wer aber war Jesus für die Menschen, denen er im Laufe seiner Wanderungen quer durch das Land begegnete?

 Jesu Begegnung mit den Menschen war individueller Art. Er hatte immer den einzelnen im Blick. Es gab keine Massenheilungen. Oft begegnete er ihnen alleine und nicht selten schärfte er ihnen nach einer Spontan-Gesundung ein, niemandem etwas davon zu erzählen.

Doch wie die Menschen so sind, genau dies taten sie, wollten prahlen, was ihnen doch Gutes widerfahren ist.

Jesus war kein Massenmensch, suchte immer wieder die Stille und die Einsamkeit.

Er brauchte das, wie das Wasser zum Durst löschen. Er suchte das Gebet in der Einöde, in der Wüste, im felsigen ausgetrockneten Land.  

Denn Jesus steht nicht für sich allein – er steht in Verbindung zum Vater. Er der Menschensohn braucht den Vater, den er verkündigt. Doch dazu musste er alleine sein.

Natürlich hatte er auch seine Jünger, die schließlich alles hatten stehen und liegen lassen, und ihm gefolgt waren. Doch er kannte auch ihren Wankelmut, wenn es ernst wurde.

Jesus konnte ganz und gar nur auf sich selbst und seinen Abba-Vater vertrauen. Er würde ihm zur Seite stehen und vielleicht auch das Schlimmste verhindern helfen.

Doch erlebte er es nur wenige Tage später ganz anders. Er schrie aus Verzweiflung am Marterholz des Kreuzes: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen.“

Wusste er das alles schon im Voraus? Fest steht, er war und blieb sich selbst immer treu, suchte den Kontakt zum himmlischen Vater im Gebet, sprach mit ihm. Jesus blieb konsequent, berechenbar, zielgerichtet.

Er würde seinen einmal eingeschlagenen Weg bis zum bitteren Enden gehen.

Und das Ende war bitter, wie wir  im Rückblick auf seine Geschichte wissen.

Es ist auch die Geschichte der Menschen, die erzählt wird in den Evangelien.

 Wir sind ein Teil davon wie auch die Generationen, die nachkommen werden. Denn es ist die Geschichte Gottes mit den Menschen. Dafür steht die Karwoche, die Qual, die Angst, die Wut und Enttäuschung. Dafür stehen der Gründonnerstag, Karfreitag und Karsamstag. „Aus der Tiefe rufe ich, Herr, zu dir!“, klagt der Psalmist.

Und wir hören auch andere Klänge. Der Herr ist auferstanden, er ist wahrhaft auferstanden.

Jesus ahnte, dass es so kommen würde – noch vor dem Palmsonntag, den Christen morgen im Gottesdienst  feiern.

 

Das Lebenszeichen als Podcast zum Nachhören finden Sie auf dieser Seite des Saarländischen Rundfunks

 

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