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SR 1 / 2 / 3 - Zwischenrufe - Freitag, 26. November 2021

„Es ist möglich, aus Gift Medizin zu machen“

Es gibt Menschen, die schaffen es, nach einer schwierigen Situation wieder richtig Fuß zu fassen.

 

Er ist ein Zauberer mit Nadel und Schere, sie eine ziemlich untalentierte Näherin.

Das ist keine Drehbuch-Idee für einen neuen Herz-Schmerz-Film.

Das ist mein Volkshochschul-Nähkurs.

Beim ersten Termin stand er da, unser Schneider, und war wohl etwas erschrocken angesichts der geschwätzigen Frauengruppe an ihren Nähmaschinen. Doch nach einer Stunde war klar:

Er war ein begnadeter Schneider, ein Künstler an Schere, Faden und Nadel.

Wir hatten Glück, ihn als Lehrer zu haben. Doch sein Weg zu uns war nicht einfach: In Syrien geboren, hat er schon als Kind bei einem Schneider ausgeholfen und nach und nach dort alles gelernt, was einen guten Schneider ausmacht.

Dann kam der Krieg, mit seinem Bruder floh er nach Europa und musste alles zurücklassen, was er besaß, sogar seine Scheren.

Er kam schließlich in Saarbrücken an und hat mit Hilfe einiger Gemeindemitglieder sehr gut Deutsch gelernt und sich sogar ein kleines Atelier eingerichtet.

Aufträge hatte er schon bald genug, sein Ruf machte schnell die Runde und er hat auch uns, seinen Nähkurs. Manchmal erzählt er von seinem schweren Weg.

Nie viel, aber dann rührt es mich an, dass er nach all den tragischen und dunklen Zeiten nun auf einem guten und auch schönen Weg ist.

Die bekannte Sängerin Tina Turner, die heute ihren 82. Geburtstag feiert, hat einmal geschrieben. „Es muss im Leben möglich sein, aus Gift Medizin zu machen.“ Sie hat es geschafft. Unser Schneider auch.

Er hat sich, Dank der Hilfe engagierter Menschen, nach Krieg und Flucht wieder ein gutes Leben aufgebaut.

Ein Verwandter aus seiner Heimat hat sogar seine Scheren in den Trümmern gefunden und sie ihm zugeschickt.

Wunderbar, was alles möglich ist.

 

Die Zwischenrufe als Podcast zum Nachhören gibt es auf dieser Seite des Saarländischen Rundfunks

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