Zwischenruf - Martin Wolf:Beten wie Schreiben

Der israelische Schriftsteller Etgar Keret hat in einem Interview einen interessanten Satz gesagt: Beim Beten wie beim Schreiben muss man daran glauben, dass da jemand ist, der einem zuhören will. Als einer, der selbst Texte schreibt, kann ich ihm nur zustimmen. Wer etwas schreibt und veröffentlicht, will natürlich, dass es ein anderer auch liest oder hört. Sich darüber freut, ärgert oder vielleicht dran weiterdenkt.
Und beim Beten? Wenn ich ehrlich bin, weiß ich da am Ende viel weniger als beim Schreiben, ob mir jemand zugehört hat. Hörer oder Leser melden mir schon mal was zurück. Beim Beten aber sieht das eher mau aus. Wohl auch deswegen können viele Leute mit einem Gebet nicht so viel anfangen. Hegen den Verdacht, dass das letztlich doch nur ein Selbstgespräch sei.
Für mich ist es aber so, wie Etgar Keret sagt: beim Beten musst du daran glauben, dass da jemand ist, der dir zuhören will. Glauben hat für mich ganz viel mit Hoffen zu tun. Ich hoffe, dass jemand da ist, der mir zuhört. Deshalb schreibe und spreche ich. Deshalb bete ich auch. Und sicher auch, weil unendlich viele Menschen das schon vor mir getan haben und immer noch tun. Sich trösten und stärken mit einem Gebet. Weil sie hoffen, dass da ein Gott ist, der ihnen zuhören will. Auch, wenn er schweigt.