Zwischenruf - Wolfgang Drießen:Dank an die Waschmaschine

Unsere Waschmaschine ist kaputt. Ich komme in den Keller und die Maschine steht in einer Pfütze. Jetzt muss ich mir Zeit nehmen. Ich nehme mir einen Stuhl und ein Buch und sitze im Keller zwei Stunden vor der Maschine um zu sehen, wo das Wasser her kommt. Die Trommel dreht sich und ich hänge alten Erinnerungen nach. Ich sehe die Tanten und meine Mutter beim Waschen vor mir. Die Waschküche befand sich in einem eigenen Stallgebäude hinterm Wohnhaus. Ich sehe die Rauchschwaden, die im Winter vom heißen Wasser, das im großen Waschzuber brodelte, aufstiegen. Die Frauen in Gummischürzen und in Gummistiefeln bei der Arbeit. Zu zweit wurden an beiden Enden die großen Wäschestücke gepackt und ausgewrungen. Was für ein Segen doch eine automatische Waschmaschine ist. Noch eine Generation früher haben die Leute ihre Wäsche an den Rhein, wo ich geboren wurde, getragen und auf der Wiese getrocknet. Dort wo ich jetzt wohne gibt es den „Bleicherbach“. Ich nehme an, der ist extra früher mal zum Wäsche waschen angelegt worden. Man hat ihn von einem größeren Bach abgeleitet. Was für eine Plackerei die große Wäsche damals war. Meine eigene Waschmaschine heute spuckte dann beim Schleudern Wasser aus der Einfüllöffnung fürs Waschmittel aus. Da muss dann wohl der Fachmann ran. Und ich habe zwei Stunden Zeit zum Nachdenken gehabt, habe mich an Dinge erinnert, die ich fast vergessen hatte und bin Menschen begegnet, die schon lange nicht mehr unter uns auf dieser Erde sind. Liebe Waschmaschine: Danke für die Auszeit, die ich mir sonst sicher nie genommen hätte.