Zwischenruf - Martin Wolf:Führerschein

Eine Bekannte erzählt mir von ihrem Vater. Über 90 ist er und wird zunehmend gebrechlich. Auch eine Demenz zeichnet sich ab. Alles nicht ungewöhnlich in seinem Alter. Doch was ihr zu schaffen macht: Ihr Vater fährt noch immer Auto. Und will sich das auch nicht nehmen lassen. Und so hat meine Bekannte oft Angst. Um ihren Vater und auch um andere. Es ist ein heikles Thema. Eines, das Potential hat Familien zu sprengen. Alte Menschen, für die ihr Auto ein Stück Freiheit und Selbstbestimmung bedeutet. Weil sie Kindern, Enkeln oder Nachbarn nicht lästig werden wollen. Und erwachsene Kinder, die wissen, dass ein paar Sekunden Überforderung am Steuer für eine Katastrophe reichen. Ein Dilemma!
Ich verstehe sie beide. Ich will ja auch souverän sein. Nicht dauernd um etwas bitten müssen. Weiß aber auch, wie gefährlich so ein Auto ist. Deshalb habe ich meine Töchter gebeten, mir rechtzeitig zu sagen, wenn ich es besser stehen lassen sollte. Und ich hoffe, dass ich ihren Rat dann auch annehmen kann.
Der alte Vater der Kollegin hat inzwischen übrigens selbst gesehen, dass es besser ist, die Autoschlüssel abzugeben. Vielleicht weil er gemerkt hat: Wer sich um einen anderen sorgt, der liebt ihn auch. So einfach und manchmal so schwer.