Lebenszeichen - Marliese Klees:Hanns Dieter Hüsch

„Und es geschah, dass ich den lieben Gott wieder mal in Dinslaken bei seiner Schwester (in der Wäscherei) traf und er mich mit einer Frage behelligte….“
Wenn jemand Hanns Dieter Hüsch heißt, Kabarettist ist und eine spezielle Vorliebe für Dinslaken hat, nun, dann gibt es solch überraschende Gespräche so von Gott zu Mann auch in einer Wäscherei.
Wenn Gott direkt das Gespräch mit Menschen sucht, - ist das ja so ziemlich das Ungewöhnlichste, was jemand erwartet. Meist haben Menschen sich, wenn schon mal ein Gespräch zwischen ihnen und Gott zustande kommt, an das Gegenteil gewöhnt, nämlich Gott zu befragen: warum, wieso, weshalb… Und wenn es wider Erwarten ein Gespräch in der Richtung, dass Gott den Menschen befragt, geben sollte, dann, ja dann frühestens beim Jüngsten Gericht.
Für Hanns Dieter Hüsch dagegen, dessen 100ster Geburtstag gerade gefeiert wurde, auch hier bei uns auf SR Kultur, sind solche Gespräche an der Tagesordnung. Zwischen ihm und Gott gibt es so was wie eine Freundschaft und da sprechen beide einander an, reden über das, was einen selbst und den anderen betrifft, über das, was die Welt betrifft. Und man redet, wo es sich gerade ergibt, auch in der Wäscherei in Dinslaken.
Das Gespräch dort entwickelt sich weiter: „… er (Gott) fragte mich nämlich: ob er Jesum von jetzt an im Himmel behalten solle, er habe Angst um seinen Sohn, und die Welt sei inzwischen von seiner Welt so weit entfernt, dass er es nicht verantworten könne, Jesus Christus der Weltgeschichte einzig und allein zu überlassen. Ich habe die Frage nicht beantwortet und zwar so lange nicht beantwortet, bis er schließlich seinen Terminkalender zuklappte und sagte: Also, dann nicht, danke.“ Und das Gespräch geht weiter: „…. auf dieser Reise fragte der liebe Gott mich ständig, was denn draußen los sei, er höre da immer was von …Konfusionen und Konsens und Nonsens und Globalisierung und Kommunikationshysterie und Ereignis-Gesellschaft und Big Brother und Körperwelten, Urwald und Geiselnehmern. Da habe ich gesagt, da soll er mal seinen Sohn fragen, um den er so viel Angst habe. Ich hab ihm gesagt: Wir alle haben Angst, weil es in der Welt drunter und drüber geht und der Mensch ein gütiges Machtwort braucht, um sich an die alten Tugenden zu erinnern, an die Freundlichkeit und Bescheidenheit, die Nachsicht und die Geduld.“
In der Wäscherei in Dinslaken wird nicht nur Wäsche gewaschen und gebügelt, sondern es geht um die großen Probleme der Welt, die zu lösen sind. Und das in einer Sprache, die darauf verzichtet, den anderen zu beschuldigen, klein zu machen oder draufzuschlagen. Hier sprechen zwei, die Respekt voreinander haben und sich gegenseitig anerkennen, auch wenn sie erst dabei sind, eine gemeinsame Position zu finden. Solche Redeweise ist ein hohes Gut, das es aber braucht, wenn es darum geht, zur Verständigung beizutragen und Menschen zu einer Gemeinschaft zu vereinigen - ob in der Politik oder der Gesellschaft.
Das Treffen in der Wäscherei ist ein Beispiel dafür. Hüsch macht Gott dann einen Vorschlag: „Das wollen wir den Menschen sagen, dass, wenn es zu neuen Ufern gehen soll, wir neue Brücken brauchen, eine hochmusikalische Solidarität mit allem, was uns friedlich begegnet und ein fein gesponnenes Gewebe von Sympathie und Wiedererkennensfreude aus artistischer Überzeugung. Der liebe Gott war, als ich ihm das alles so aufzählte, Feuer und Flamme….“