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Lebenszeichen - Luisa Maurer:Teilen statt Ellbogenmentalität

Wenn wir miteinander teilen, anstatt uns gegenseitig zu bekämpfen, dann werden alle satt.
Man sieht kleine grüne Pflanzen, die gerade beginnen zu wachsen
Datum:
8. Nov. 2025
Von:
Luisa Maurer

Ich stehe in einer langen Schlange aus wartenden Menschen vor einer Sicherheitskotrolle an. “Ihr müsst nur die Ellbogen auspacken, dann geht es schneller” - höre ich eine junge Frau ihrer Gruppe zurufen. Ich bin sichtlich genervt.
Diese Situation spielt sich nicht vor einer Konzerthalle oder beim Auftritt einer berühmten Person ab. Sondern wir stehen vor der Lateranbasilika in Rom.
Ich bin unterwegs mit einer Gruppe 70 Italienerinnen und Italiener aus Fresagrandinaria. Das ist die Partnergemeinde des saarländischen Püttlingen. Mit dabei sind auch 5 meiner Freundinnen aus dem Saarland. Wir sind ein paar Tage in Fresagrandinaria zu Besuch und machen mit ihnen gemeinsam einen Ausflug nach Rom.
Nun stehen wir also vor der Lateranbasilika und warten, um das Grab des verstorbenen Papstes zu besuchen. "Vuoi mangiare qualcosa?” fragt mich eine der Italienerinnen. Ob ich etwas essen möchte. Von ihr erlebe ich alles andere als eine Ellbogenmentalität. Sie hat für mich und meine Freundinnen ein Lunchpaket gepackt. Und überhaupt fehlt es uns an nichts. Liebevoll und bestimmt wird die Reisegruppe zusammengehalten und sich ständig erkundigt, ob es den deutschen Gästen auch gut geht. Ich muss lächeln.
Heute denke ich an diese Szene vor der Lateranbasilika. Weil sie eine der wichtigsten Kirchen ist, feiert die katholische Kirche an diesem Wochenende ihren Weihetag auf der ganzen Welt. Dass wir alle durch Rom und auch den Papst in der Kirche verbunden sind, auch das wird gefeiert. 
Aber nicht nur deshalb ist dieses Wochenende rund um den 09. November sehr geschichtsträchtig. Ich denke auch an die grauenvolle Reichsprogromnacht, in der unzählige Jüdinnen und Juden 1938 ermordet wurden. Aber auch der Mauerfall ereignete sich an einem 09. November, 1989.
All diese Ereignisse machen mich an diesem Wochenende nachdenklich. Ich möchte nicht in einer Welt voller Ellenbogenmentalität leben. In der die Ellbogen ausgefahren werden. Weder gegen Juden noch gegen Menschen aus dem Ausland. 
In Italien waren meine Freundinnen und ich selbst die Ausländerinnen. Und wir erlebten keine Ellbogen – sondern wie mit uns geteilt, und sich um uns gekümmert wurde. Von einer solchen Welt träume ich an diesem Wochenende. In der es weder Mauern noch Ellbogen zwischen uns gibt – egal ob innerhalb oder außerhalb Deutschlands. Jesus hat eine ganz ähnliche Vision von der Welt. Viele Erzählungen in der Bibel berichten davon. Er fordert die Menschen auf, Gott ihren Vater zu nennen. Und somit alle anderen Menschen als Brüder und Schwestern anzusehen. Und zwar unabhängig davon, wo sie herkommen, welche Stellung sie in der Gesellschaft haben oder welchem Geschlecht sie angehören. Er macht immer wieder deutlich: Wenn wir miteinander teilen, anstatt uns gegenseitig zu bekämpfen, dann werden alle satt. 
Vielleicht feiere ich deshalb gerne die Einheit in der Kirche - über alle Nationalitäten und Grenzen hinweg. Denn egal, wie man zu dem Papst oder der katholischen Kirche steht, darauf kommt es doch an. Und das ist auch etwas, was meinen Freundinnen von unserem Ausflug nach Rom in Erinnerung bleiben wird: Die Bereitschaft dieser Gruppe mit uns zu teilen. Das macht für mich die Verbundenheit in der Kirche weltweit aus. Wenn wir eben nicht gegenseitig die Ellbogen auspacken, sondern miteinander teilen.