Zwischenruf - Matthias Scheer:Armut zum Ausprobieren

„Niemand darf im Luxus leben, solange es die Armut gibt.“ Ich weiß nicht, wer das gesagt hat, aber das ist einer der Sätze, die mich nicht mehr loslassen. Niemand darf im Luxus leben, solange es die Armut gibt.
Vom heiligen Franz von Assisi wird berichtet, dass er freiwillig ein Leben in Armut gewählt hat. Ein Bild in der Kathedrale San Francesco in Assisi zeigt, wie Franz die sogenannte „Frau Armut“ heiratet, also lebenslang auf Besitz und Reichtum verzichten will. Kaum jemand wird freiwillig arm, weder die Menschen, die Hunger und Not leiden, noch viele der Menschen, die in unserem Land Bürgergeld oder bald Grundsicherung erhalten. Schnell wird da diskriminiert und nicht unterschieden zwischen Leuten, die das System ausnutzen und tatsächlich auf Hilfe angewiesen sind.
In meiner Heimat Neunkirchen gab es in diesem Jahr ein Projekt. Einfach mal ernst machen, ein bisschen wie Franziskus, und vom Bürgergeld leben. Aufgabe: Egal, wie hoch Dein Verdienst ist, kürze ihn auf das Bürgergeld und komm einen Monat über die Runden.
Ganz realistisch war das nicht. So musste niemand in eine Sozialwohnung ziehen oder längere Zeit ohne Waschmaschine auskommen, weil kein Geld für eine Neuanschaffung da war. Trotzdem eine Erfahrung von relativer Armut. Und die besondere Herausforderung, am Ende des Monats, der knallharte Luxusverzicht, das gesparte Geld im Nachhinein dann nicht doch selbst verbrauchen, sondern spenden. Solange es die Armut gibt…