Zwischenruf - Dr. Christoph Maria Kohl:Der Vierjährige im Dom
Großeltern sein ist etwas Wunderbares. Ein begeisterter Opa hat mir vor ein paar Tagen mit leuchtenden Augen erzählt, was er gerade mit seinem Enkel Toni erlebt hat.
Der Opa ist abends mit dem vierjährigen Toni durch Speyer gegangen. Und plötzlich hat Toni auf den Dom gezeigt und gesagt: „Opa, in die Kirche gehen!“ Der Dom war aber schon zu. Am nächsten Morgen wollte Toni unbedingt zum Dom. Schon vor dem Hauptportal hat der Kleine seine Hände gefaltet. So ist er mit dem Opa durch den ganzen Dom gegangen, durch den Mittelgang zum Altar, dann runter in die Krypta, dann zum Kerzenständer: „Opa, eine Kerze anzünden!“ Während der ganzen Zeit im Dom hat er seine gefalteten Hände regelrecht vor sich hergetragen.
Kinder haben für Vieles ein natürliches Gespür. Und Toni hat offensichtlich gespürt, was der Dom ihm vermitteln möchte. Der hohe Raum mit den Gewölben ist ein Sinnbild für den Schutz und den Beistand, den Gott uns gibt. Dass er Licht in unser Leben bringt, das deuten die großen Fenster und die Osterkerze an, die den Dom hell machen. Und die Ruhe im Dom trägt dazu bei, dass die kleinen und großen Besucherinnen und Besucher ein wenig zu sich selbst kommen, zu innerer Ruhe finden.
Das kann man auch in anderen schönen Kirchen spüren. Mich wundert nicht, dass viele Menschen gerade im Urlaub gerne in eine Kirche gehen und dort eine Zeitlang verweilen. Das tut der Seele gut. Ein schöner Kirchenraum lässt uns spüren, dass eine größere Wirklichkeit uns umfängt und trägt; dass wir in Gott geborgen sind. Der kleine Toni hat das offenbar wahrgenommen und deshalb seine Hände gefaltet. Vielleicht war diese Geste auch wie ein kleines Gebet darum, dass dieser gute Gott ihm – und dem Opa - weiter beistehen möge.