Zwischenruf - Michael Kinnen:Gönne dich dir selbst!
Gönn' dir! - Vor einigen Jahren war das so ein Spruch, der angeblich aus der Jugendsprache kommt. Auch wenn das für Jugendliche oft peinlich klingt, wenn Erwachsene das sagen. Gönn dir! Das bedeutet soviel wie: Lass es dir gutgehen; hab Spaß und erlaube dir selbst, dass du auch mal genießen kannst. Gönn dir mal ne Pause, auch wenn's noch so viel zu tun gibt. Gönn dir mal ein bisschen was an Adventsgebäck, auch wenn dir die Hose enger wird. Gönn dir Zeit, gönn dir Kultur, gönn dir was Gutes! Wozu es schon einige Bücher gibt, und womit Psychologen und andere Ratgeber im Leben auch jetzt wieder einen Nerv treffen, das ist eigentlich gar nicht neu, sondern eine Menschheitserfahrung. Es gibt einen schönen Text aus der Mitte des 12. Jahrhunderts. Da schreibt der Mönch Bernhard von Clairvaux an den damaligen Papst Eugen III. Die beiden kannten sich aus dem Kloster, bis der eine dann Papst wurde und auf einmal völlig in Beschlag genommen war von allerlei Aufgaben. Da schrieb ihm Bernhard: „Es ist viel klüger, du entziehst dich von Zeit zu Zeit deinen Beschäftigungen, als dass sie dich ziehen und dich nach und nach an einen Punkt führen, an dem du nicht landen willst.“ Und weiter schrieb Bernhard an Papst Eugen: „Ja, wer mit sich selbst schlecht umgeht, wem kann der gut sein? Denk also daran: Gönne dich dir selbst. Ich sag nicht: Tu das immer, ich sage nicht: Tu das oft, aber ich sage: Tu es immer wieder einmal. Sei wie für alle anderen auch für dich selbst da, oder jedenfalls sei es nach allen anderen.“ Ein schöner alter und doch immer wieder aktueller Wunsch in christlicher Tradition – auch in dieser Adventszeit, finde ich. Wo so vieles aufeinander prallt: Gönne dich dir selbst!