Zwischenruf - Lisa Olschewski:Novemberklumpen

„Ich sauge den Sommer in mich ein wie die Wildbienen den Honig“, sagte sie. „Ich sammle mir einen großen Sommerklumpen zusammen, und von dem werde ich leben, wenn… wenn es nicht mehr Sommer ist.“ So macht es Ronja Räubertochter im gleichnamigen Roman von Astrid Lindgren.
Mein persönlicher Sommerklumpen mit den schönsten und wärmsten Erinnerungen zeigt mir, wie wichtig es ist, im Moment zu leben, und jeden noch so kleinen wertzuschätzen. Dann kann ich davon zehren, wenn es sich gerade nicht so leicht anfühlt. Wenn alles grau und trist ist wie im November.
Der Herbst lehrt wie keine andere Jahreszeit das Loslassen. Aber was wäre, wenn ich mir einen ganz eigenen Novemberklumpen sammeln würde. Mit St. Martin, Lebkuchen, Kerzen, Herbstspaziergängen.
Denn gerade wenn die Sonne scheint und sie das Bunt der Blätter leuchten lässt, können wir erahnen, dass im Vergehen Schönheit stecken kann, dass etwas vergehen muss, damit etwas Neues beginnen kann. Nicht umsonst sieht die Dichterin Emory Hall im Vergehen den Vorboten der Fülle.
Und so zeigt Ronja Räubertochter mir, dass auch der November seine Schätze bereithält, trotz der Novemberstürme, die draußen vor der Tür und in meinem Herzen toben. Ich muss nur genau hinsehen.