Lebenszeichen - Corinna Achtermann:Und das ewige Licht leuchte ihnen
In den vergangenen Wochen konnte man sie in fast jedem Supermarkt oder beim Floristen kaufen: Grabkerzen. Ob in klassisch rot oder weiß, mit Heiligenfiguren oder einem biblischen Spruch.
Wenn in den Geschäften die Aufsteller mit den Grabkerzen stehen, dann ist klar: Der November, der sogenannte Totenmonat, steht vor der Tür. Irgendwie passt es dann ja auch zur jahreszeitlichen Stimmung, dass besonders im November an die Toten gedacht wird. Und dann auch irgendwie logisch, dass in dieser Zeit besonders viele Grabkerzen verkauft werden.
Gerade der heutige Tag Allerseelen steht besonders für das Gedenken an die Verstorbenen. Ein Tag, an dem an alle Verstorbenen aller Jahrhunderte gedacht und für sie gebetet werden soll. Kein bereits verstorbener Mensch, ob bekannt oder unbekannt, soll an diesem Allerseelentag aus dem Gebet heraus- oder hindurchfallen. Denn Christinnen und Christen glauben, dass mit dem Tod nicht alles vorbei ist. Sie sind davon überzeugt, dass sie nach dem irdischen Tod nahe bei Gott sind. Vor Jahrhunderten konnte man sich nicht vorstellen, dass man direkt in den Himmel, also direkt zu Gott kommt. So stellte man sich eine Zwischenstation vor. Dort mussten die Seelen der Toten erstmal warten, bis sie rein genug waren für den Himmel. Deswegen beteten gerade am Tag Allerseelen viele katholische Christinnen und Christen für die Verstorbenen und baten Gott, die Seelen der Verstorbenen bei sich aufzunehmen.
Wenn heute viele den Friedhof besuchen, dann geht es dort eher weniger um die armen Seelen, die gerettet werden müssen. Es geht viel mehr um die Verbundenheit mit den Menschen, die nicht mehr bei uns sind, die wir geliebt haben und oft auch vermissen.
Auch mir geht es so. Zu den Gräbern nehme ich immer Kerzen mit. Und irgendwie hoffe ich, dass meine Lieben das Licht der brennenden Kerze sehen können. Während Blumen verwelken und vergehen, haben die angezündeten Kerzen für mich eine besondere Sprache.
Sie bedeuten für mich:
Dass ich die Menschen, die mir am Herzen liegen, nicht vergessen habe, sondern dass ich in dieser Form mit ihnen verbunden bleibe.
Dass das Licht ihres Lebens und ihrer Liebe noch weiterlebt. Durch mich, indem ich an sie denke, mich an sie erinnere, von ihnen erzähle.
Dass das Dunkel des Todes nicht das letzte Wort hat. Und die Hoffnung, dass sie auch von Gott nicht vergessen sind.
Ich finde es schön, dass es auch heute noch solche Rituale gibt. Vielleicht helfen sie uns in gewisser Weise mit der Trauer umzugehen. Denn die Menschen, die ich vermisse, sind immer noch Teil meines Lebens. Sie gehören zu meiner Lebensgeschichte. Sie haben Spuren in mir hinterlassen.
Im Gottesdienst für die Verstorbenen wird folgender Text gesprochen: „Herr, gib Ihnen die ewige Ruhe, und das ewige Licht leuchte ihnen.“ Für mich ein tröstlicher Text. Denn mit diesem ewigen Licht ist ein Licht gemeint, das an die ständige Gegenwart Gottes erinnert. In der Bibel beim Propheten Jesaja heißt es: „Deine Sonne geht nicht mehr unter / und dein Mond nimmt nicht mehr ab; denn der HERR ist dein ewiges Licht, / zu Ende sind die Tage deiner Trauer.“ (Jes 60,19f.)
Das ewige Licht ist ein Licht, das zeigen soll, dass das Dunkel nicht überwiegt. Ein Licht, das heller leuchtet als jedes andere. Ein Licht, das die Hoffnung ausdrückt, dass der Tod nicht das Ende ist. Dass uns auch in Erinnerung bringt, dass Jesus den Tod besiegt hat. Ein Licht, das Christinnen und Christen an die Auferstehung und das ewige Leben erinnert.
Wenn ich am heutigen Allerseelentag sage: „Und das ewige Licht leuchte ihnen“ und eine Kerze anzünde, dann habe ich das Gefühl, mit diesen Menschen noch verbunden zu sein. Und habe die Hoffnung, dass der Tod nicht das Ende ist und wir uns irgendwann bei Gott wiedersehen.