Zwischenruf - Martin Wolf:Wenig Geld
In dem Imbiss, in dem ich mittags manchmal etwas esse, geht die Tür auf. Eine Frau kommt breit lächelnd herein. Sie scheint zu einer Gruppe zu gehören, die in der Mainzer Innenstadt um Almosen bettelt. Erwartungsfroh steht sie da. Sie hofft wohl, eine Portion Suppe abstauben zu können. „Nein, nicht jeden Tag“, sagt der junge Mann hinter der Theke freundlich, aber bestimmt. „Ab und zu machen wir das, aber nicht jeden Tag.“ Nach einer Weile kramt die Frau widerwillig dann doch ein paar Münzen hervor. Münze für Münze. Am Ende hat sie zwei Euro beisammen. So eine Suppe kostet eigentlich sechs, aber die jungen Leute hinter der Theke geben ihr nun doch etwas, für ein Drittel des Preises. Wie voll sie das Gefäß machen, kann ich zwar nicht sehen. Aber die fremde Frau zieht sichtlich zufrieden mit ihrer Suppe wieder ab.
Geht doch, hab ich mir gedacht. Bereit zu sein, einem Menschen in prekärer Lage zu helfen, ist essentiell für unsere Gesellschaft. Das finde ich vor allem auch als Christ. Aber niemand, ob nun Christ oder nicht, will sich einfach ausnutzen lassen. Und so gesehen haben in der kleinen Szene im Imbiss irgendwie doch beide gewonnen. Die jungen Leute haben bewiesen, dass sie zu helfen bereit und keine hartherzigen Unmenschen sind. Und die Frau? Die hat doch noch ihr warmes Essen bekommen. Für sehr wenig Geld.