Zwischenruf - Bernhard Marondel:Gott nicht totschweigen
Der „liebe Gott“ ist tot. Zumindest der, “der alles sieht, selbst, was in dunkler Nacht geschieht”. Lange genug hat man, übrigens nicht nur Kindern, Angst mit diesem „lieben“ Gott gemacht. Ich hatte das Glück, dass mir schon in frühester Kindheit gesagt wurde, dass er zwar “alles sieht, aber niemanden verpetzt”. Das tut Kinderseelen gut und macht sie stark. Aber so ein bisschen Angst hatte ich dann doch noch vor diesem beobachtenden lieben Gott, der so ist wie ein Polizist: Freundlich, aber streng. Ich finde es gut, dass dieser liebe Gott tot ist.
Gut finde ich auch, dass der Spruch: “Kleine Sünden bestraft der liebe Gott sofort”, heute nur mehr mit einem Lächeln gesagt wird und mehr und mehr in Vergessenheit geraten ist. Auch dieser pädagogisch-strafende liebe Gott ist tot. Ich bin fast versucht zu sagen: Gott sei Dank. Übrigens hab ich, wenn mir dieser mahnende Satz zugesprochen wurde, immer gefragt: Und was macht er mit den großen Sünden und den großen Sündern? Großes Schweigen war die Folge! Damit war die Sache dann schnell beendet. Leider aber auch das Reden über Gott. Leider ist das heute selbst überzeugten Christen schon etwas peinlich.
Kann man heute überhaupt noch erwachsen und vernünftig über Gott reden? Jenseits eines naiven Kinderglaubens und eines Angst-machenden-Strafgottes?
Ja, kann man. Ein Blick in die Bibel, auf das Gottesbild Jesu könnte helfen. Der Gott des Jesus von Nazareth ist wie ein gütiger Vater, der den Menschen etwas zutraut und ihnen Freiheit in Verantwortung und Würde gibt. Freiheit heißt aber auch: Menschen können scheitern. Doch gerade in solchen Situationen lässt er Menschen nicht allein, wenn sie seine Nähe suchen. Für mich ist inzwischen aus dem lieben Gott der liebende Gott geworden, den ich zwar nie so ganz verstehen werde, von dem ich aber hoffe, dass er mir das einmal alles erklären wird.