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Zwischenruf - Michael Kinnen:Störzeitliche Unterbrechung

Was man in der Großstadt von Fronleichnam lernen kann
Ein Kopfhörer liegt auf einem Buch, daneben steht eine Tasse mit Tee oder Kaffee
Datum:
18. Juni 2025
Von:
Michael Kinnen

Morgen ist wieder Fronleichnam. Ein katholischer Feiertag, der im Saarland auch einen freien Tag beschert. Da gibt es viele Traditionen: vor allem die Fronleichnamsprozession durch die Orte - mit bunt geschmückten Altären und Blumenteppichen auf dem Weg. Gefeiert wird da die „bleibende Gegenwart Jesu Christi im Sakrament der Eucharistie“, wie das kirchenamtlich heißt. Oder einfach: Dass der Liebe Gott immer nah bei uns Menschen ist. Den katholischen Feiertag gibt es zwar auch in anderen Regionen Deutschlands, aber ein freier Tag ist es dort oft nicht. Zum Beispiel in Berlin, wo ich seit einiger Zeit lebe. Bei der Fronleichnamsprozession im vergangenen Jahr zogen in Berlin die Leute betend und musikalisch begleitet durch eine der Hauptstraßen. Weil dann dort keine Busse fahren konnten wie sonst, gab es eine Hinweistafel im schönsten Amtsdeutsch: „Demonstration. Busse verkehren störzeitlich nicht.“ Die übliche Anzeige bei dem, was täglich in Berlin stattfindet. Eine Demo halt. Und irgendwie auch passend zur Fronleichnamsprozession. Was da läuft, ist auch eine Demonstration. Für das, was Menschen glauben. Nicht hinter Kirchenmauern. Sondern öffentlich; so wirkt Kirche ganz natürlich und selbstverständlich auch politisch. Und es ist eine „störzeitliche Unterbrechung“. Einige standen am Weg. Manche befremdet, manche belustigt, manche interessiert. Es war eine Unterbrechung des Alltags. Kurze Zeit zum Nachdenken. Fragen, was einem wichtig ist, im Leben und im Glauben. Und das geht morgen auch zu Fronleichnam im Saarland, ob das groß und öffentlich gefeiert wird oder nicht. Ich wünsche Ihnen dazu eine gute „störzeitliche Unterbrechung“ - und einen schönen Fronleichnams-Feiertag.

SR1/SRkultur/SR3 - Zwischenruf:Störzeitliche Unterbrechung