Zwischenruf - Birgit Wenzl-Heil:Ein Duft von Ewigkeit
Ich gehe mit meinem Vater durch einen dichten Wald in seiner alten Heimat. Plötzlich bleibt er stehen und deutet mit seinem Arm in die Runde. „Hier überall habe ich mit meinem Vater als kleiner Junge Bäume gepflanzt.“ Ich sehe mich um. Welchen davon hielt mein Opa als Schössling wohl in den Händen? Ich habe meinen Großvater nie kennengelernt. An diesem Ort fühle ich mich ihm zum ersten Mal nahe. Er hat damals etwas getan, von dem er wusste, dass er nichts mehr davon hat. Seine Kinder oder Enkel nach ihm vielleicht. Auf jeden Fall ein hoffnungsvolles Geschenk für jemanden in der Zukunft. Das erinnert mich daran, was ich über einen alten Mann in den Cevennen, in Frankreich, gelesen habe. Auf seinen Spaziergängen legte er immer wieder Eicheln in die Erde. So pflanzte er über Jahre hinweg tausende von Bäumen, einen ganzen Wald. Das führte mit der Zeit dazu, dass sich die ganze Landschaft veränderte: Die Erde konnte durch die Wurzeln der Bäume die Feuchtigkeit besser halten. Bäche führten wieder Wasser, Gras konnte gut wachsen. Menschen zogen wieder in die Gegend, die vorher vereinsamt war. So schenkte der alte Mann Menschen eine Zukunft, die lange nach ihm erst beginnen sollte. „Gott hat den Menschen die Ewigkeit ins Herz gelegt“, heißt es im Buch Kohelet im Alten Testament, dem ersten Teil der Bibel. Vielleicht ist genau so etwas damit gemeint: Dass es Momente im Leben geben kann, in denen ich über mich hinauswachse in dem ich etwas Gutes tue, das mich selbst überlebt. Ein kleiner Funke der Ewigkeit Gottes. Mein Opa und der alte Mann aus den Cevennen lebten nicht ewig. Aber die Bäume, die sie für andere pflanzten, die duften schon etwas nach Ewigkeit.