Lebenszeichen - Corinna Achtermann:Glaubst du das?

Happy Birthday Konzil von Nicäa. Zum 1700. Mal jährt sich eines der wichtigsten Ereignisse der Kirchengeschichte: das Konzil von Nicäa, das im Jahre 325 n. Chr. stattfand. Somit feiert auch das Glaubensbekenntnis Geburtstag. Das wurde dort nämlich in einer ersten Fassung geschrieben.
Ein Grund für die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen, kurz ACK, sich in besonderer Weise mit dem Glaubensbekenntnis zu beschäftigen. Das Motto der heute endenden Gebetswoche zur Einheit der Christen lautet nämlich: „Glaubst du das?“. Eine einfache Frage, die es bei genauerem Betrachten in sich hat.
„Glaubst du das?“ Das Motto der Gebetswoche geht auf eine Frage zurück, die Jesus im Johannesevangelium Marta stellt. Marta ist die Schwester von Maria und dem gerade verstorbenen Lazarus. Jesus ist auf dem Weg zu Lazarus, als Marta ihm entgegen geht und sagt: „Herr, wärst du hier gewesen, dann wäre mein Bruder nicht gestorben. Aber auch jetzt weiß ich: Alles worum du bittest, wird Gott dir geben.“ Daraufhin sagte Jesus: „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt, und jeder, der lebt und an mich glaubt, wird auf ewig nicht sterben. Glaubst du das?“
Eine sehr direkte und persönliche Frage: „Glaubst du das?“. „Marta sagte zu ihm: Ja, Herr, ich glaube, dass du der Christus bist, der Sohn Gottes, der in die Welt kommen soll.“ Und Jesus demonstrierte seine Macht über Leben und Tod. Lazarus wird zum Leben erweckt.
So wie Marta auf die Frage „Glaubst du das?“ eine ernsthafte Antwort gibt, bemühten sich auch die ersten Christen darum Worte zu finden, die das ganze Geheimnis der Menschwerdung und des Leidens, des Todes und der Auferstehung Jesu umfassen würden. Ein schwieriges Unterfangen.
Und so war es Kaiser Konstantin, der nach den Wirren der Christenverfolgungen und um dieser neuen Staatsreligion eine gemeinsame Richtung zu geben, das erste Konzil, das Konzil von Nicäa, einberief. Unterschiedliche kulturelle und politische Kontexte haben nämlich schon damals viele kleine Splittergruppen hervorgebracht. Diese galt es zu einen. Kein einfaches Unterfangen, waren sie nachvollziehbarerweise nicht einer Meinung und hatten sie unterschiedliche Herangehensweisen, wie sie Jesu Botschaft verstanden. Es wurde gemeinsam gerungen und sicherlich auch gestritten. Heraus kam am Ende eine Art gemeinsame Programmschrift, eine verbindliche Zusammenfassung elementarer Glaubenswahrheiten, ein Glaubensbekenntnis. Dass es sich um eine gemeinsame Erklärung handelt, zeigt sich auch sprachlich. Denn der Text wird mit „Wir glauben“ eingeleitet. Nicht das individuelle „Ich“, sondern das Gemeinschaftsstiftende „Wir“ gibt den Ton an. Gemeinschaftsgefühl statt individueller Sonderwege. Und obwohl man sich um das Gemeinsame bemühte, gab es auch Gruppen, die den Weg nicht mitgingen.
Das Ringen um die Einheit trug das Potenzial für Trennung in sich und trägt es, das ist die Tragik, bis heute.
Für alle anderen war das Ringen um ein gemeinsames Verständnis zunächst einmal vom Tisch. Wenn auch nicht lange, wie ein Blick in die Geschichtsbücher zeigt.
Zwischen das gemeinsame „Wir glauben“ und dem individuellen Antworten „Ich glaube“ drängt sich die Frage „Glaubst du das?“. Eine Frage, die heute in einer pluralen und multikulturellen Welt genauso aktuell ist, wie vor 1700 Jahren. Eine Frage, die leider auch genutzt werden kann, um Druck auszuüben. Entscheidet die Antwort, je nachdem, wo ein Mensch lebt, über Freiheit und Unfreiheit, sogar über Leben und Tod. Denn nach wie vor werden Menschen ihres Glaubens wegen verfolgt.
Eine sehr direkte und persönliche, in vielen Fällen sogar eine existentielle Frage: „Glaubst du das?“.
Diese Frage begleitet 1700 Jahre später auch mich, wenn ich auf den alten Text blicke. Kann ich mich in die Gemeinschaft derer einreihen, die auf die Frage individuell mit „Ich glaube“ antworten, um in das gemeinsame, verbindende „Wir-glauben“ einzutreten? Und hätte meine Antwort auch Bestand, wenn ich deswegen persönlich unter Druck geraten würde?
Bei letzterem hoffe ich, dass mein persönlicher Glauben dann stark genug wäre und ich mich von der Gemeinschaft genug getragen wüsste, um auch dann noch positiv zu antworten. Eins ist zumindest für mich klar: Die Worte, die vor 1700 Jahren von Menschen gemeinsam verfasst wurden, diese Worte sind für mich und meinen Glauben eine wichtige Grundlage. Würden mich die Konzilsväter von damals heute fragen: „Glaubst du das?“, würde ich die Frage mit einem klaren „Ja, ich glaube“ beantworten.
Und das heißt für mich nicht: ich vermute, weiß nicht so genau. Sondern, ich verlasse mich darauf und bin mir sicher, dass mein Leben mit diesem Glauben ein gutes Ziel hat. Ja, ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen und an Jesus Christus.