Zum Inhalt springen

Zwischenruf - Wolfgang Drießen:"O Je"

Gott versteht alle Sprachen, auch Dialekt.
Ein Kopfhörer liegt auf einem Buch, daneben steht eine Tasse mit Tee oder Kaffee
Datum:
27. Aug. 2024
Von:
Wolfgang Drießen

„O Je“, das ist so ziemlich das kürzeste Gebet, dass ich kenne. „Je“ steht nämlich für „Jesus“. Menschen, die gerne Dialekt sprechen, haben irgendwann einfach drei Buchstaben weggelassen. Wem das zu kurz ist, der sagt: „Jesses nää“. Damit haben wir daheim den Kopf geschüttelt, wenn mal wieder was Unvorhergesehenes in die Quere gekommen war. Wem der Jesus allein nicht gereicht hat, der hat seine Mutter noch dazu genommen: „Jesses Maria“ oder gleich die ganze Familie: „Jesus, Maria und Josef“. Majusebetter“ sagen die Trierer und haben den Petrus noch mit dazu genommen. „Ojemine“, man ahnt es jetzt schon, heißt „O mein Jesus“ und „Herrje“, das weiß dann jeder. Was mir wichtig ist: jeder dieser Ausrufe ist eigentlich ein Gebet. „Herr, hilf mir!“ sagen die Menschen damit, wenn sie auch heute kaum noch darüber nachdenken. Und egal, ob Sie Dialekt mögen oder nicht: wenn‘s emotional wird, verfalle ich gerne in mein Platt. Dabei bin ich schon über dreißig Jahre weg und rede eigentlich hochdeutsch. Meine Muttersprache ist und bleibt aber mein moselfränkisch aus Engers am Rhein. Damit bin ich groß geworden, habe den Dialekt quasi mit der Muttermilch eingesogen. Und ich bin froh, dass ich ihn nicht verlernt habe. „Herrje, han ich de Dalles!“ klingt einfach besser als „Ach, was habe ich für einen trockenen Reizhusten!“. Und wenn Sie mal nicht wissen, wie Sie ihrem Herzen Luft machen sollen, versuchen Sie es mit einem leisen Zwiegespräch mit Gott. So wie Ihnen der Schnabel gewachsen ist. Gerne auch auf Platt. Denn sollte er wirklich zuhören, was ich ja hoffe, dann versteht er jeden Dialekt und nicht nur Hochdeutsch. “Alle dann...“

SR 1/2/3 - Zwischenruf:"O Je"