Zwischenruf - Lisa Olschewski:Marzahn, mon amour

Vor einiger Zeit habe ich die ARD-Miniserie „Marzahn, mon amour“ angesehen. Sie erzählt den Stoff des gleichnamigen Romans von Katja Oskamp. Es ist eine schlichte Erzählung, in der äußerlich nicht viel passiert. Doch die Protagonistin Kathi rührt mich an. Die 44-Jährige ist als Schriftstellerin gescheitert und sucht mit ihrer schon fast erwachsenen Tochter einen Neuanfang in Marzahn, jener trostlosen Plattenbaugegend in Berlin. Kathi findet eine Anstellung als Fußpflegerin. Ihre Tochter reagiert darauf mit angeekeltem Unverständnis. Doch Kathi hat, wie sie selbst sagt, das letzte Stück Arroganz ihrer Jugend abgelegt. Jetzt lässt sie sich würde- und liebevoll auf diese Aufgabe mit ihren teils auch sehr schwierigen Kunden ein.
Die Serie erzählt die Geschichten der Bewohnerinnen und Bewohner von Marzahn, die bei Kathi auf dem Pediküre-Stuhl landen oder mit ihr zusammenarbeiten. Es gibt kaum Ortwechsel, häufig dieselbe Kameraeinstellung. Ein trostloser Ort. Manche Kunden kommen allein, manche in Begleitung, und fast immer erfährt Kathi etwas über ihr einfaches und gleichzeitig so schwieriges Leben in Marzahn.
Kathi bereitet für jeden Kunden zunächst ein Fußbad vor. Diese Geste erinnert mich an Jesus. Auch er wäscht seinen Jüngern am Tag vor seiner Hinrichtung demütig die Füße. Der verstorbene Papst Franziskus hat am Gründonnerstag traditionell die Füße von sozial benachteiligten Menschen gewaschen, häufig in Gefängnissen. Es ist eine alte bedeutungsvolle Geste voller Vergebung, Zuwendung und Wertschätzung. Daher kommt es nicht von Ungefähr, dass sich Kathis Klienten bei dieser Geste wie von selbst öffnen, manche in vollem Bewusstsein, andere eher unabsichtlich. Und mir wird klar, was für ein Segen Kathi für Marzahn ist.